Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Der US-Tech-Riese Microsoft kauft das Businessportal LinkedIn. Bumm! Mehr als 26 Milliarden Dollar wechseln den Besitzer. Für den Technikkonzern könnte das der ganz große Coup sein: Für Leader aller Branchen kündigt sich mit den damit verbundenen technologischen Möglichkeiten ein regelrechter Kulturwandel im HR Management an.
Es ist der Big Deal von Microsoft-Chef Satya Nadella und der erste, mit dem er weltweit für Aufmerksamkeit sorgt. Doch bei diesem Big Bang will es Nadella, seit 2014 im Amt, erklärtermaßen nicht belassen: Er will Microsoft-Kritikern zeigen, dass der große IT Kahn nicht die Schwerfälligkeit in punkto Innovation hat, die ihm nachgesagt wird, sondern dass er wendig ist wie ein kleines Motorboot. Was konkret geplant ist, ist noch ungewiss. Doch fest steht: Die Möglichkeiten sind vielfältig und könnten in diversen Branchen und Unternehmen einen Wandel in punkto Recruiting und Kommunikation nach sich ziehen.
HR Kulturwandel: Die Story of Success
Und das ist die Story: LinkedIn, der deutlich größere Wettbewerber des deutschen Portals Xing, hat international mehr als 433 Millionen Kunden und ist seit der Übernahme des Online-Fortbildungs-Portals Lynda.com im vergangenen Jahr für 1,2 Milliarden Dollar auch auf dem Markt für E‑Learning aktiv. Diese Kombination rief Microsoft auf den Plan. Schon längere Zeit mehrten sich die Gerüchte einer Übernahme. Nun ist es offiziell: Der Deal ist perfekt.
In einem geradezu euphorischen Brief, den Nadella anlässlich der Vermählung der beiden IT-Giganten schrieb, bezog sich der Microsoft CEO explizit auf die neue App LinkedIns, sowie das E‑learning-Portal Lynda.
On top liefert LinkedIn Geschäftsnachrichten an seine Community und hat ein Tool für Personaler entwickelt, mit dem diese in den Millionen von Kontakten nach passenden Kandidaten für vakante Positionen suchen können. Matching nennt sich das. Es gibt also genügend Gründe für Microsoft, künftig mit LinkedIn gemeinsame Sache zu machen: Durch die Gemeinschaft tun sich völlig neue Märkte auf.
Und so frohlockt der agile Leader Nadella, der sein Unternehmen seit zwei Jahren reformiert, denn auch: „This deal brings together the world’s leading professional cloud with the world’s leading professional network. I have been learning about LinkedIn for some time while also reflecting on how networks can truly differentiate cloud services. It’s clear to me that the LinkedIn team has grown a fantastic business and an impressive network (…).“
HR Kulturwandel: Was alles passieren könnte…
Unter Microsoft soll LinkedIn nun zu einer noch größeren Plattform für Geschäftskontakte sowie geschäftliche Weiterbildungen ausgebaut werden, wie Nadella am Montag in einer Mitteilung an seine Mitarbeiter verkündete. Microsoft-Produkte wie die Bürosoftware Office 365 könnten mit LinkedIn verknüpft werden. Nadella wittert hierin die Chance „to reinvent productivity and business Prozesses“ und macht auch ausführlich klar, warum das einen Kulturwandel auslösen könnte:
„Think about it: How people find jobs, build skills, sell, market and get work done and ultimately find success requires a connected professional world. It requires a vibrant network that brings together a professional’s information in LinkedIn’s public network with the information in Office 365 and Dynamics. This combination will make it possible for new experiences such as a LinkedIn newsfeed that serves up articles based on the project you are working on and Office suggesting an expert to connect with via LinkedIn to help with a task you’re trying to complete. As these experiences get more intelligent and delightful, the LinkedIn and Office 365 engagement will grow. And in turn, new opportunities will be created for monetization through individual and organization subscriptions and targeted advertising. (…) Over the past decade we have moved Office from a set of productivity tools to a cloud service across any platform and device. This deal is the next step forward for Office 365 and Dynamics as they connect to the world’s largest and most valuable professional network. In essence, we can reinvent ways to make professionals more productive while at the same time reinventing selling, marketing and talent management business processes. I can’t wait to see what our teams dream up when we can begin working together once the deal closes, which we expect will happen this calendar year.“
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Konkreter wird der Microsoft Entscheider jedoch nicht. Soviel steht aber fest: Die Hochzeit – sie ist ein einvernehmliches Unterfagen. LinkedIn CEO Jeff Weiner bleibt Chef und sieht ebenso wie Nadella große Chancen mit der Vermählung auf das Business zukommen. Weiner, ein agiler, moderner Culture and Value Leader, ist offen für Transformationen und Wandel jeglicher Art. Im eigenen Unternehmen leitete er mit neuen Unternehmenswerten bereits einen Kulturwandel ein, nun ist er offen für Größeres.
LinkedIn: Interner Kulturwandel abgeschlossen
Sein offizielles Statement lautet: „Just as we have changed the way the world connects to opportunity, this relationship with Microsoft, and the combination of their cloud and LinkedIn’s network, now gives us a chance to also change the way the world works. For the last 13 years, we’ve been uniquely positioned to connect professionals to make them more productive and successful, and I’m looking forward to leading our team through the next chapter of our story.“
Weiner weiß, wovon er spricht. Und er versteht sein Handwerk. Er weiß, wie er Mitarbeiter durch eine nachhaltige Culture auf Transformation zu unglaublichen Erfolgen anleitet. Dadurch machte er LinkedIn zu dem, was es heute ist. Weiner etablierte ein Wertesystem und eine Unternehmenskultur, die ihresgleichen sucht:
- Career Transformation: Es gibt keine fest vorgeschriebene Laufbahnplanung, jeder Mitarbeiter wird nach seinen Stärken dort eingesetzt, wo es für ihn und das Unternehmen am besten ist. Das sorgt für Motivation, weil jeder genau an dem Ort arbeitet, an den er gehört.
- Transformation of Company: Das Unternehmen ist offen für neue Ideen und fördert und lebt deswegen das Prinzip der Diversität. Es gibt Förderprogramme für Frauen in der Tech Industrie, gehandicapte Mitarbeiter werden durch verschiedene Angebote und Programme integriert, Mitarbeiter werden an neuen Ideen durch regelmäßigen Austausch und Feedback beteiligt.
- Transformation oft World: Mit seinen Produkten will LinkedIn die Welt der Kommunikation Stück für Stück verändern und verbessern.
So könnte der HR Kulturwandel konkret aussehen
Für Marktbeobachter liegt auf der Hand. Für Microsoft könnte der Zusammenschluss ein beträchtlicher Ruck nach vorne bedeuten. Möglich, dass hier sogar der kleinere Partner dem größeren sagen wird, wo es lang geht und wie er seine Leute zu großen Leistungen anspornen kann. Was Microsoft alles mit dem neuen Kollegen an Bord anstellen könnte und wie das die Business-Welt verändern könnte, wenn die Rechnung des Konzerns aufgeht? Hier ein paar Überlegungen:
- Big Data: Wofür Microsoft vor allem so viel Geld hinblätterte: Daten. Hieraus ergibt sich in Kombination mit den Microsoft Anwendungen ein schier unerschöpflicher Wissenspool für Unternehmen, allem voran HR. Sobald der Tech-Gigant zum Beispiel seinen digitalen sprechenden Assistenten Cortana den Zugriff auf Daten von LinkedIn gibt, kann der Personaler von morgen ihn potenziell dazu verwenden, um sich aus dem hinzugekauften Datenpool schnell und einfach Informationen über Kandidaten herauszufischen. Entweder in Vorbereitung auf ein Interview oder bei der Direktsuche nach Talenten, auch bekannt als Active Sourcing. Bislang unterstützt Cortana nur bei der Suche auf dem eigenen PC, der Verwaltung des Kalenders, der Verfolgung des Versandstatus von Paketen und der Suche nach Dateien, plaudert mit dem Anwender und erzählt manchmal sogar Witze. Cortana ist schlau: Je mehr Cortana genutzt wird, desto besser kann sie ihren Anwender mit personalisierter Hilfe unterstützen. Vielleicht auch dahingehend, dass sie bald Kandidaten aussucht und nicht mehr der Personaler?
- Microsoft plant, den LinkedIn Newsfeed in das Office 365 zu integrieren. Das heißt: Künftig weiß der IT-Riese ganz genau darüber bescheid, was seine Nutzer interessiert und kann parallel verfolgen, was in ihrem beruflichen Netzwerk passiert. Für das Unternehmen ist dieses Insiderwissen bares Geld wert: Es bedeutet, immer am Puls der Zeit zu sein, die Bedürfnisse der Kunden zu kennen und mit optimalen Produkten darauf zu reagieren. Gleichzeitig dürfte das ein harter Schlag für Facebook sein – wer wechselt schließlich noch die Plattform, wenn das Netzwerk bequemerweise bereits in die täglich genutzten Anwendungsprogramme integriert ist. Das eröffnet beispielsweise virtuellen Teams einen noch schnelleren und unkomplizierteren Austausch auf allen Ebenen innerhalb eines genutzten Anwendungsprogramms: Skype, Chat, social Networking. Per Knopfdruck kann der Kollege in die Arbeitssession hereingeholt und der Desktop geteilt werden. das wird die Arbeitswelt wieder ein bisschen schneller machen.
- Die Hebelwirkung, die Microsoft mit der Übernahme von LinkedIn in punkto HRM-Software gewinnen kann, könnte zur erheblichen Bedrohung etablierter HR-IT-Solutions-Anbieter wie SAP Successfactors, Oracle, Cornerstone-on-Demand, IBM Kenexa und anderen werden. Mal abgesehen von den üblichen Talent Management und Weiterbildungs-Anwendungen, könnte Microsoft die LinkedIn Daten zum Beispiel auch dazu nutzen, um Talent-Entscheidungen vorhersagbar machen. So etwas gibt es bereits im Kleinen. Die Talentsuchmaschine Talentwunder wirbt zum Beispiel damit, die Wechselbereitschaft von Kandidaten berechnen zu können. Der Vorteil: schlägt das Tool Alarm, kann HR gegensteuern und Maßnahmen zur Talentbindung einleiten. Doch Maschinen wie Talentwunder müssen mit den öffentlich verfügbaren Daten aus dem Netz leben. Microsoft verfügt nun über eine Menge exklusiv eingekaufter Nutzer-Daten, die nicht in ihrer ganzen Bandbreite öffentlich zugänglich sind, wohl aber doch dem Inhaber der Plattform. Das eröffnet gigantisch viele Möglichkeiten.
HR Kulturwandel – wird Microsoft die Chance nutzen?
Ob und wie der Konzern all das nutzt, bleibt abzuwarten. Nicht selten ließ Microsoft ja auch den einen oder anderen Ball an sich vorbeiziehen, ohne ihn in einen Matchball zu verwandeln. Nun hängt alles davon ab, wie die Entscheider im Silicon Valley den eingekauften Heimvorteil umsetzen. Die Zeichen der Zeit stehen jedenfalls gut. Immer wieder betonen Studien, zum Beispiel aus dem Hause Kienbaum, dass HR-Technologien ein erhebliches Zukunftspotenzial haben.
Auch die Studie Recruting Trends der Universität Bamberg kommt zu dem Schluss, dass „Unternehmen im Recruiting durch die gezielte Erhebung und Auswertung von Kennzahlen positive Effekte erzielen können“, dass aber gleichzeitig noch viel Luft nach oben besteht:
Aus der Befragung der 1.000 größten Unternehmen geht hervor, dass nur knapp mehr als ein Drittel Maßnahmen zur Erhebung von Prozesskennzahlen für die Personalbeschaffung definiert hat. Also: Nachfrage und Bedarf bestehen gepaart mit einer nicht ausreichenden Abdeckung. Spiel. Satz. Sieg. Microsoft?
Möglicherweise lässt sich das Fragezeichen am Ende des letzten Satzes streichen! Alles sieht danach aus, als wären die Leader im Führungs-Tandem gut aufgestellt. Das Beispiel könnte in punkto UnternehmensFührung in Zukunft wegweisend sein: agile trifft auf wertgetriebene Führung. Dann heißt es ganz sicher: Spiel! Satz! Sieg!