Die Zukunft Personal, Deutschlands größte Personal-Messe, hat ihre Pforten geöffnet und widmet sich schwerpunktmäßig dem Personalmanagement im digitalen Wandel. Contas-Geschäftsführer Roald Muspach begrüßt das. Doch das Potenzial des Themas ist noch nicht ausgeschöpft, sagt er. Im Interview erklärt er warum.
Warum ist das Thema „arbeiten 4.0“ in Ihren Augen so wichtig?
Ganz einfach, weil wir aktuell angesichts des digitalen Wandels einen Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt erleben. Als Zeitzeugen der vierten industriellen Revolution sehen wir, wie die Aufgaben von Mensch und Maschine zunehmend miteinander verschmelzen. Mitarbeiter vernetzen sich global miteinander und arbeiten über zeitliche und räumliche Grenzen hinweg. Hier müssen Personalverantwortliche ihre neue Rolle als Kulturmanager entdecken und Ihr Selbstverständnis dazu entwickeln.
Personalarbeit 4.0 braucht also größeren Weitblick als bisher?
Hier gehe ich konform mit Stefan Ries, Chief Human Resources Manager bei SAP Deutschland. In meinen Augen ist er einer der Protagonisten der neuen HR Szene. Personalverantwortliche müssen heute so einiges im Blick behalten, sagt er. Die richtigen Mitarbeiter rekrutieren, sie involvieren, motivieren, ihre Daten erfassen und verwalten und dabei stets Richtlinien-konform agieren. All dies in einem Markt, der zunehmend durch Digitalisierung, Mobilität, also dem Kommunikationsverhalten einer neuen Generation geprägt ist.
Und was rät der heutige Keynote Speaker der Zukunft Personal angesichts der steigenden Verantwortung und der zunehmenden Verdichtung des Verantwortungsbereichs von HR?
Weitblick zu bewahren! Das heißt, neben den Pflichtaufgaben auch die Kür nicht außer Acht zu lassen. Nur so lässt sich die Evolution des Personalwesens erfolgreich gestalten. Dem kann ich nur beipflichten.
Was meinen Sie konkret?
Der digitale Wandel muss kulturell mitgetragen werden. Nur so kann das Potenzial, das er bietet, genutzt werden. Das gelingt aber nur, wenn entsprechende Arbeitsbedingungen geschaffen und insbesondere Denkstrukturen und Denkstragien verändert werden. Dafür müssen Geschäftsführungen und verantwortliche Businessleiter aus der Komfortzone des Altbewährten heraus und neue Weichen stellen – mit den HR Experten im engen Schulterschluss als Organisationsentwickler.
Sie meinen damit flexible Arbeitsbedingungen, Home-Office-Lösungen, Methoden zur Führung virtueller Teams?
Ja, auch. Aber das ist bereits einen Schritt zu weit gedacht. Und das ist auch der Punkt, der mir beim Programm der Zukunft Personal etwas zu kurz kommt. Denn die Basis, dass der digitale und kulturelle Wandel gelingen kann, ist, dass er auch von der Unternehmenskultur getragen wird. Dazu dürfen Führungskräfte den Blick in den Spiegel nicht scheuen.
Wie ist das zu verstehen?
Eine gesunde Organisation fängt bei der Geschäftsführung an. Während eine gesunde Führungskultur auf Werten wie Vertrauen, Wertschätzung, Feedback, Motivation und der Übernahme von Eigenverantwortung aufbaut, fußt ihr toxisches Gegenstück auf dem genauen Gegenteil: Kontrolle, Kontrolle und nochmals Kontrolle. Entscheider können nicht loslassen. Da bleibt den Mitarbeitern kaum Luft zum Atmen und man geht in Deckung und wird kreativ wie man diese Kultur umgehen kann, man bezeichnet diesen Prozess auch als Job Crafting.
Nachvollziehbar, dass in einem solchen Klima Innovation nicht stattfinden kann…
Richtig. Oftmals gelingt ein Wandel von toxisch zu gesund allerdings nicht ohne externe Hilfe. Es bedarf einer genauen Analyse des Unternehmens und seiner Strukturen. Anonyme Mitarbeiterbefragungen können zum Beispiel Aufschluss darüber geben, wo der Sand im Getriebe ist. Hier können im nächsten Schritt mit Führungszirkeln und culture days neue Organisationsformate als Initialzündung den Kulturwandel nachhaltig verankern.